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J 22/14 - Back and forth in the register


Can the legal division correct a transfer recorded in the register, if it later doubts the transfer was legal? In this unusual set of circumstances a transfer of a patent application is contested by the parties. We will refer to the parties as the appellant and the respondent.

Originally, a direct European patent application was filed in the name of the respondent.  About 5 years later, the same representative filed a request to transfer the application from the name of the respondent to that of the appellant. As proof of the transfer selected pages of an Assignment Agreement were filed. 

Just over a year later, a request is filed with the legal division to revert the transfer. It is argued that filing only selected pages of the agreement is not sufficient and that authorizations were both lacking and not substantiated. The request is accompanied with an injunction of a Kantonsgerichts in Zug that purportedly proved that the agreement was signed for the respondent by someone who was not authorized to do so.

The legal division reverts the transfer because there is no national (court) decision that the transfer was valid.  (Bis zum Nachweis einer entsprechenden nationalen Entscheidung is daher der Rechtsübergang nicht i.S.v. Regel 22 EPÃœ hinreichend nachgewiesen.)

The appellant requests an appealable decision and subsequently appeals it. The board reverts the decision of the legal division, and reverts the reversion.

Similar decisions between the same parties were made for patent applications in J 16/14, J 21/14, J 20/14, J 17/14, and for patents in J 18/14, J 19/14.





Entscheidungsgründe

Hauptantrag der Beschwerdeführerin

1. Die Beschwerde ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin sind die Voraussetzungen hierfür gemäß Regel 99 EPÜ erfüllt.
[...]

2. Das Beschwerdeverfahren betrifft die Frage, ob die jetzige Registerlage zu Recht besteht.

2.1 Maßstab für die rechtliche Beurteilung, ob die zunächst erfolgte Umschreibung auf die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der Beschwerdegegnerin unrichtig und die Wiedereintragung der Beschwerdegegnerin zutreffend angeordnet worden war, ist das sich aus Regel 22 EPÜ ergebende Umschreibungsverfahren.

Gemäß Regel 22(1) EPÜ wird auf Antrag eines Beteiligten der Rechtsübergang einer europäischen Patentanmeldung in das europäische Patentregister eingetragen, wenn der Rechtsübergang durch Vorlage von Dokumenten nachgewiesen ist. Für erteilte Patente ist gemäß Regel 85 EPÜ die Regel 22 EPÜ ebenfalls anwendbar.

2.2 Ob die Rechtsabteilung die zu stellenden Anforderungen an den Nachweis des Rechtsübergangs zu gering bemessen hat, ist zwischen den Parteien ebenso umstritten wie die Frage, ob die einmal erfolgte Umschreibung auf die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin auf Antrag der ursprünglich eingetragenen Beschwerdegegnerin ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden durfte.

2.2.1 Zu dem ersten Punkt ist zunächst festzustellen, dass die Umschreibungsstelle des EPA den Antrag der Beschwerdeführerin auf Umschreibung vom 23. Juni 2010 anhand der ihr vorgelegten Dokumente geprüft und die Umschreibungen daraufhin antragsgemäß vorgenommen hat.

2.2.2 Die von der Beschwerdegegnerin insoweit vorgetragenen Einwendungen greifen nicht durch. Auch wenn der Umschreibungsstelle unstreitig nicht sämtliche Seiten der schriftlichen Ãœbertragungsvereinbarung vorgelegen haben, durfte sie anhand der ihr jedenfalls vorgelegten Seiten 1, 4, 10 und 22 die behauptete Rechtsnachfolge als hinreichend bewiesen ansehen. Auf diesen Seiten waren die Vertragsparteien und die betreffenden Anmeldungen und Patente eindeutig als Vertragsgegenstand bezeichnet, und §2 der Ãœbertragungsvereinbarung (Seite 4) hatte unbestritten die uneingeschränkte Ãœbertragung dieser Rechte zum Gegenstand. Die auszugsweise Vorlage nur der die Rechtsübertragung betreffenden Seiten einer umfassenderen Vereinbarung ist entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht ungewöhnlich und mit Blick auf die Interessen der Vertragsparteien regelmäßig damit erklärbar, dass nicht alle Details einer solchen gegebenenfalls auch umfassenderen Vereinbarung öffentlich werden sollen. Hieraus allein lässt sich nichts gegen den schlüssigen Nachweis der Rechtsnachfolge im Rahmen der Regel 22 EPÃœ herleiten.

Die Beschwerdegegnerin hat sich im Übrigen auch nicht auf eine bestimmte Textstelle des vollen Wortlauts der Übertragungsvereinbarung berufen, die auch nur objektiv gegen die Annahme einer Rechtsübertragung und damit schon im Umschreibungszeitpunkt gegen die eingetretene Rechtsnachfolge und damit der Rechtmäßigkeit der erfolgten Umschreibung gesprochen hätte.

Die Übertragungsvereinbarung trug auch die formal erforderlichen Unterschriften der Vertragsparteien, nämlich für die übertragende Beschwerdegegnerin die des Herrn Richard Heindl als ihr CEO und für Beschwerdeführerin die des Herrn Dr. Farroni als Präsident des Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin.

Zum hinreichenden Nachweis der CEO-Eigenschaft des Herrn Heindl lag der Umschreibungsstelle zudem eine entsprechende Bestätigung der PilePro aus dem Jahr 2003 vor.

Soweit die Beschwerdegegnerin sich insbesondere vor der Rechtsabteilung darauf berufen hat, dass Herr Patentanwalt Weigel trotz seiner gegenteiligen Behauptung für sie im Umschreibverfahren keine "Vollmacht" besessen habe, greift dieses Argument nicht gegen die Umschreibung durch, denn zum damaligen Zeitpunkt war dieser Patentanwalt als europäischer Vertreter für die Beschwerdegegnerin in das Europäische Patentregister eingetragen. Dies genügte für die Umschreibung. Ob und wie weit Herr Patentanwalt Weigel von der Beschwerdegegnerin für die Umschreibung tatsächlich Vertretungsmacht hatte, ist eine materiell-rechtliche Frage, die in dem Formalverfahren vor dem EPA nicht zu klären ist.

Die Voraussetzungen für die Umschreibung der betreffenden Anmeldungen und Patente auf die Beschwerdeführerin waren damit erfüllt, insbesondere war der Rechtsübergang hinreichend belegt. Die am 24. Juni 2010 vorgenommene Umschreibung auf die Beschwerdeführerin war somit fehlerfrei und rechtmäßig.

2.3 Zu dem zweiten Punkt, der Frage der Rückumschreibung, hat die Rechtsabteilung in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, sofern die Rechtmäßigkeit einer Übertragung nachträglich in Frage gestellt werde, habe das Amt das Register so zu berichtigen, dass die ursprüngliche Registerlage bis zu einer abschließenden Klärung dieser Frage durch das hierfür zuständige nationale Gericht wieder hergestellt sei. Wegen der Behauptung materiellrechtlicher Mängel durch die Beschwerdegegnerin, nämlich dass Herr Richard Heindl die Übertragungsvereinbarung nicht habe abschließen dürfen, werde der Beweis für die Rechtsnachfolge der Beschwerdeführerin nicht mehr als erbracht angesehen und daher die Umschreibung rückgängig gemacht.

2.3.1 Dem kann so nicht zugestimmt werden. Wird eine Anmeldung oder ein Patent im europäischen Patentregister auf einen Rechtsnachfolger umgeschrieben, rückt dieser in die Rechtsposition seines Vorgängers als Anmelder bzw. Patentinhaber ein. Nach der gesetzlichen Fiktion des Artikels 60(3) EPÜ gilt der Anmelder als (formal berechtigter) Inhaber des Rechts auf das Europäische Patent, ohne dass das EPA diese Berechtigung nachprüft oder dass diese im Erteilungs-oder Einspruchsverfahren bestritten werden könnte (Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer vom 15. Juni 1992 - T 553/90, Punkt 2.3). Darüber hinaus hat die Große Beschwerdekammer entschieden, dass eine Patentanmeldung ein immaterielles Eigentumsrecht zum Gegenstand hat, das dem Inhaber der Anmeldung sowohl unter anderem die einstweiligen Rechte nach Artikel 64 EPÜ als auch prozessuale Rechte aufgrund von Artikel 60(3) EPÜ gewährt (G 1/09 vom 27. September 2010, Punkt 3.2.1). Diese rechtlich und tatsächlich vorteilhafte Position könnte dem Anmelder nur auf der Grundlage einer rechtlichen Bestimmung wieder entzogen werden. Eine solche Grundlage lässt sich jedoch hier nicht feststellen.

2.3.2 Soweit in der angefochtenen Entscheidung der Gesichtspunkt der "Berichtigung" der Eintragung im Register angesprochen worden ist, scheidet Regel 140 EPÜ, die die Berichtigung von Fehlern in Entscheidungen zum Gegenstand hat, ersichtlich aus. Denn danach ist lediglich die Berichtigung von Schreibfehlern, von sprachlichen Fehlern und bei offenbarer Unrichtigkeit zulässig, um die es hier nicht geht. Die Beschwerdegegnerin hat zwar insofern mit Blick auf die nach Regel 140 EPÜ erforderliche Evidenz des von ihr behaupteten "Fehlers" geltend gemacht, dass das Fehlen einiger Seiten der Übertragungsvereinbarung offensichtlich gewesen sei und die Umschreibungsstelle insoweit angesichts der Vielzahl der betroffenen Anmeldungen und Patente besondere Sorgfalt hätte walten lassen und Nachforschungen anstellen müssen. Dem kann die Kammer jedoch nicht zustimen, denn handelte es sich dabei schon nicht um einen "Fehler", wie bereits oben unter Punkt 2.2 ausgeführt, noch gar um einen offensichtlichen Fehler in einer Entscheidung im Sinne der Regel 140 EPÜ.

2.3.3 Die Beschwerdegegnerin hat ergänzend geltend gemacht, dass nach in allen Vertragsstaaten gleichermaßen geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein rechtswidriger Verwaltungsakt rückgängig gemacht werden könne. Ob der behauptete Rechtsgrundsatz tatsächlich in dieser unbeschränkten Breite besteht und ob die inhaltliche Unrichtigkeit der ersten Umschreibung überhaupt der ausschließlich tragende Gesichtspunkt für eine Rückumschreibung sein kann, mag mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und dem darin verankerten Prinzip der Rechtssicherheit angezweifelt werden. Die Frage kann aber letztlich offen gelassen werden. Denn selbst wenn sogar die Eintragung einer Umschreibung im Register ein Verwaltungsakt wäre, was selbst umstritten ist, wäre dieser aber schon nicht rechtswidrig gewesen, wie bereits oben ausgeführt.

2.4 Für eine nachträgliche Rückumschreibung der Eintragung kann entgegen der Auffassung der Rechtsabteilung auch nicht genügen, dass nach einer vollzogenen Umschreibung nachträglich Zweifel an einer hinreichenden Beweisführung betreffend die Rechtsnachfolge auftreten. Denn nach vollzogener Umschreibung der Anmeldung auf den Rechtsnachfolger ist dieser ausweislich des Registers als Berechtigter formal legitimiert mit allen daraus resultierenden Rechten. Diese vorteilhafte Rechtsposition kann dem Eingetragenen, wie bereits ausgeführt, nicht ohne weiteres nachträglich entzogen werden.

2.5 Soweit die Beteiligten außerdem umfangreich um die Frage der materiellrechtlichen Berechtigung an den betroffenen Anmeldungen und Eintragungen gestritten haben, hat die Rechtsabteilung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beurteilung dieser Frage im Rahmen des europäischen Patentsystems allein den nationalen Gerichten vorbehalten ist (vgl. hierzu auch Entscheidung der Großen Beschwerdekammer, G 3/92, ABl. EPA 1994, 607, Punkt 3).

2.6 Aus alledem folgt, dass die Beschwerde gegen die Rückumschreibung begründet ist.

3. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin auf Aussetzung der bei dem EPA anhängigen Verfahren betreffend die Anmeldungen und Patente

[...]

4. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin auf Vorlage von Fragen an die Große Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 EPÜ
 [...]

Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, die Beschwerdeführerin als Anmelderin für die europäische Patentanmeldung No. 05 002 204.5 im Register einzutragen.
3. Das Erteilungsverfahren für die europäische Patentanmeldung No. 05 002 204.5 wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das bei dem Kantonsgericht Zug vor der 3. Abteilung anhängig gemachte Zivilverfahren mit dem Aktenzeichen A3 2010 106 ausgesetzt.

This decision J 22/14  (pdf) has European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:J002214.20150615. The file wrapper can be found here. Photo "Back & Forth" by Nana B Agyei obtained via Flickr under CC BY 2.0 license (no changes made).
 

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