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T 0590/18 - Form 1010: so long, farewell, aufwiedersehen, goodbye



The appellant (opponent) in this case wished to file an appeal against an interlocutory decision of the OD. The notice of appeal was filed in Feb. 2018, one day before expiry of the 2m period of Art. 108, together with Form 1010 and a written instruction to deduct the appeal fee from the holder's deposit account. Approximately one week later, the appellant was informed in a letter from the OD that the debit order had not been executed because as from 1/12/2017 the EPO only accepts orders in electronically processable format. The appeal fee was therefore not paid in time and the Board regarded the information letter from the OD as equivalent to an R.112(1) loss of rights communication.

The appellant contested the OD's finding, arguing that although he was perfectly aware of the new arrangements for payments, technical difficulties had made it impossible to submit the debit order electronically. There was also no time to use any of the other accepted payment methods. Credit card payments require that the card is pre-registered with the EPO and bank transfer was not possible because there is insufficient space in the payment header to enter all the necessary information. As a last resort, the appellant downloaded Form 1010, which he obtained from the EPO's website page on the "Euro-PCT Guide". 

The appellant argued that because Form 1010 could still be obtained via an official EPO source until 15 March, this implied that it remained a valid means of payment, allowing the appellant to rely on the accuracy of the information. On the date of submitting the debit order, the appellant's account held sufficient funds and he requested that payment of the appeal fee should be deemed on time.  The appellant additionally argued that the Decision of the President (to no longer accept debit orders on paper) was unallowable, on the basis that it constituted a factual shortening of the appeal period in the event of technical problems, which decision could only be taken by a 2/3 majority of the Administrative Council. The appellant further asked that a number of questions be referred to the Enlarged Board.

The Board upheld the finding of the OD. They deemed it unjustifiable to place reliance on a document obtained via the online "Euro-PCT Guide" as this is by its nature a brochure which is not necessarily up-to-date. The Board further commented that the appellant could have made further electronic payment attempts on the next day, after the first attempt at online payment failed.

Furthermore, the Decision of the President was held to be valid. The Board disagreed that any factual shortening of the appeal period was concerned. Moreover, the manner in which fees may be paid to the EPO is governed by Art. 5 Rfees. Paragraph (1) provides for payment or transfer into the EPO's bank account. Paragraph (2) stipulates that the President may authorize other means of payment. The possibility of filing the appeal fee via debit order is thus an additional form of payment not necessarily required under the EPC, which the President is entitled to allow, disallow or, in the present case, modify so as to prescribe that only debit orders transmitted in a particular format are recognized.

The Board saw no need to refer any questions to the Enlarged Board.





Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 18. Dezember 2017, das Europäische Patent Nr. 1 849 951 in geändertem Umfang, das heißt auf der Basis des ersten Hilfsantrags, aufrechtzuerhalten, haben beide Parteien Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) trägt das Datum 26. Februar 2018. Sie ist ausweislich des Posteingangsstempels am 27. Februar 2018 beim Europäischen Patentamt (im Folgenden: Amt) eingegangen.
In ihrer Beschwerdeschrift hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) unter anderem das Folgende ausgeführt: "Die amtliche Beschwerdegebühr in Höhe von 1.880,00 ¤ wird gemäß beigefügtem Formblatt 1010 entrichtet". Das Formblatt trägt ebenfalls das Datum 27. Februar 2018 und ist auch an diesem Tag beim Amt eingegangen. Dementsprechend hat sie auf dem der Beschwerdeschrift beigefügten Formblatt EPA Form 1010 angekreuzt, die Beschwerdegebühr solle von dem dort genannten Konto abgebucht werden. Auf diesem, beim Amt geführten Konto mit der Nr. 28 000 799 war zum maßgeblichen Zeitpunkt eine ausreichende Deckung vorhanden.
II. Mit Bescheid vom 8. März 2018 teilte die Einspruchsabteilung der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) mit, das Amt akzeptiere seit dem 1. Dezember 2017 nur noch Abbuchungsaufträge / automatische Abbuchungsaufträge, die in einem elektronisch verarbeitbaren Format (XML) eingereicht werden. Abbuchungsaufträge, die unter anderem per Post auf dem Formblatt EPA Form 1010 eingereicht werden, seien nun ungültig und würden nicht mehr ausgeführt. Den auf dem Formblatt EPA Form 1010 erteilten Abbuchungsauftrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) hat das Amt deshalb nicht ausgeführt. Das Amt hatte auf die Änderung der Möglichkeiten zur Zahlung der Beschwerdegebühr im Amtsblatt am 18. Oktober 2017 hingewiesen (ABl. EPA 2017, Zusatzpublikation 5).
III. Gegen die Entscheidung, den auf dem Formblatt EPA-Form 1010 erteilten Abbuchungsauftrag nicht zu akzeptieren, wendet sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende) in ihrem Schriftsatz vom 16. März 2018. Sie hat vorgetragen, das Formblatt EPA Form 1010 sei jedenfalls bis zum 15. März 2018 auf der Internetseite des Amtes unter "http://www.epo.org/applying/international/guide-for-applicants/html/d/ga_axii.html" abrufbar gewesen. Auf diese Seite gelange man ohne weiters, wenn man mit Hilfe von Google nach dem Begriff "Formblatt 1010" suche.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) vertritt die Auffassung, sie habe auf die Richtigkeit dieser Angaben vertrauen dürfen und deshalb mit Erteilung des Abbuchungsauftrags auf dem Formblatt 1010 alles Erforderliche zur Zahlung der Beschwerdegebühr getan. Da ihr beim Amt geführtes Konto eine ausreichende Deckung aufgewiesen habe, sei es dem Amt verwehrt, die Zahlung allein deshalb zu verweigern, weil die hausinterne Abbuchung beim Amt nicht in elektronischer, sondern in Papierform beantragt worden sei. Das Amt treffe zumindest eine implizite Verpflichtung, das nicht mehr gültige Formular von der Internet-Seite zu löschen und nicht mehr zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.
In ihrem Schriftsatz vom 1. Juni 2018 behauptet die Beschwerdeführerin (Einsprechende) außerdem (Seite 3, Punkt 3), es sei ihr in der Zeit vor dem Fristablauf am 18. Februar 2018 (richtig: 28. Februar), 24:00 Uhr wegen Unerreichbarkeit des Amts über die Internetverbindung nicht möglich gewesen, eine Online-Einreichung der Beschwerdebegründung oder eine Online-Bezahlung der Beschwerdegebühr vorzunehmen. Dabei sei für sie nicht erkennbar gewesen, ob die Ursache für diese Störung bei ihr oder auf Seiten des Amtes gelegen habe. Zur Sicherheit habe sie daher den Beschwerdeschriftsatz zusammen mit dem Formblatt 1010, das sie an diesem Tag (letzten Tag der Beschwerdefrist) von der Internetseite des Amtes heruntergeladen habe, direkt eingereicht. Mit gleichem Schriftsatz hat sie Fragen formuliert, die der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden sollen. Die in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer noch einmal neugefassten Fragen sind unter Ziffer VII. wiedergegeben.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ihren Vortrag dahingehend korrigiert, dass die beschriebenen technischen Probleme nicht am 28. Februar sondern bereits am 26. Februar aufgetreten seien. Ihr Vertreter habe die Beschwerdebegrünung daher am 27. Februar 2018 zusammen mit dem ausgefüllten Formular EPA-Form 1010 persönlich beim Pförtner des EPA-Dienstgebäudes in München abgegeben.
Weiter hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) in der mündlichen Verhandlung erklärt, ihr sei die Mitteilung des Präsidenten des Amtes über die Änderung der Zahlungsmöglichkeiten zum 1. Dezember 2017 durchaus bekannt gewesen. Sie habe allerdings vor dem Hintergrund des Internetauftritts des Amtes darauf vertraut, dass die Erteilung des Abbuchungsauftrags in Papierform, insbesondere im Falle technischer Störungen weiterhin möglich sei. Das Amt sei dazu verpflichtet, solche Aufträge auch weiterhin zu akzeptieren, weil andernfalls eine unzulässige Verkürzung der Fristen zur Zahlung der Beschwerdegebühr eintrete. Eine zur Gebührenzahlung verpflichte Partei müsse, wenn Zahlungen nur noch auf elektronischem Weg möglich seien, zeitliche Sicherheitsreserven einplanen, um im Falle technischer Probleme noch rechtzeitig reagieren zu können. Eine solche (faktische) Verkürzung der Beschwerdefrist könne nur der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation mit 2/3-Mehrheit beschließen. Deshalb sei der Beschluss des Präsidenten des Amtes, auf dem die Änderung basiert, auch unzulässig. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ist deshalb auch der Auffassung, die Zahlung müsse unabhängig davon, ob ihr ein Verschulden anzulasten sei, als rechtzeitig bewirkt angesehen werden.
Zu den weiteren vom Amt zur Verfügung gestellten Möglichkeiten hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) in der mündlichen Verhandlung das Folgende ergänzend vorgetragen:
Eine Kreditkartenzahlung sei deshalb nicht in Frage gekommen, weil dafür eine online-Registrierung der Kreditkarte erforderlich ist. Dies sei wegen der dargelegten technischen Störung aber gerade nicht möglich gewesen. Eine Banküberweisung sei nicht möglich gewesen, weil das Betrefffeld in dem beim Online-Banking zur Verfügung gestellte Überweisungsformular zu klein sei; die Freischaltung eines größeren Betrefffeldes sei aus Zeitgründen nicht mehr möglich gewesen.
Die Befassung der Grossen Beschwerdekammer mit den in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer neugefassten Fragen hält die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für geboten.
V. Die Beschwerdegegnerin ist den Anträgen der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) mit Schreiben vom 25. Juni 2018 entgegengetreten. Sie hat argumentiert, die Beschwerdeführerin hätte - angesichts der Tatsache, dass ihr die ab 1. Dezember 2017 geltenden neuen Bedingungen für die Erteilung von Abbuchungsaufträgen bekannt waren - nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Erteilung eines solchen Auftrags in Papierform noch akzeptiert werde. Statt dessen hätte sie einen anderen vom Amt anerkannten Zahlungsweg wählen müssen.
Die Beschwerdegegnerin vertritt weiter die Auffassung, die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hätte sich nicht auf das Ergebnis der Google-Suche verlassen dürfen, sondern sich auf der Webseite des Amtes rückversichern müssen. Außerdem hätte sie die weiteren Möglichkeiten der Gebührenzahlung (Kreditkarte und Überweisung) nutzen und/oder die zunächst gescheiterte Zahlung per Abbuchungsauftrag im XML-Format am Folgetag erneut versuchen müssen. Dazu wäre auch genügend Zeit gewesen, da - wie die mündliche Verhandlung ergeben habe - die von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) vorgetragenen technischen Probleme schon am 26. Februar 2018 und somit zwei Tage vor Fristablauf am 28. Februar 2018 eingetreten seien.
Zu den von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) formulierten Fragen zur Vorlage an die große Beschwerdekammer hat die Beschwerdegegnerin die Auffassung vertreten, diese seien für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, da der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) die Änderung der Rechtslage bekannt gewesen sei.
VI. Die Kammer hat eine mündliche Verhandlung über die Frage anberaumt, ob dem Antrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) auf Feststellung der fristgerechten Zahlung der Beschwerdegebühr stattgegeben werden kann. Sie hat in dem Ladungsbescheid vom 18. April 2018 die vorläufige Auffassung vertreten, dass das Schreiben des Amtes vom 8. März 2018 als Mitteilung über den Verlust des Beschwerderechts im Sinne von Regel 112(1) EPÜ und der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16. März 2018 als ein solcher nach Regel 112(2) EPÜ zu sehen ist.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die am 4. Juli 2018 stattgefunden hat, war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, festzustellen, dass die von ihr eingelegte Beschwerde zulässig ist.
Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass die von ihr vorgenommene Zahlung der Beschwerdegebühr rechtzeitig erfolgt ist, sowie weiter hilfsweise, dass die Angelegenheit der Grossen Beschwerdekammer zu abschließenden Entscheidung vorgelegt werde, insbesondere mit der Fragestellung:
Frage 1:
Festzustellen, ob die Handhabung des Europäischen Patentamts unzulässig ist, die Entrichtung von amtlichen Gebühren durch Erteilung eines Abbuchungsauftrags nur deshalb nicht zu akzeptieren, weil der Abbuchungsauftrag in Papierform eingereicht wird.
Frage 2:
Festzustellen, ob die Bezahlung von amtlichen Gebühren unter Verwendung des Formblatts EPA 1010 solange fristwahrend zulässig war, solange das Europäische Patentamt auf seinem Server für die Allgemeinheit weiterhin das Formblatt 1010 für Abbuchungsaufträge auf Papierform bereits eingestellt hat, und das im Widerspruch zu der Mitteilung des Präsidenten vom 27. September 2017, die unter Punkt 1.4 wie folgt lautet: "Formblatt EPA 1010 wird ab 1. Dezember 2017 auf der Webseite des EPA nicht mehr zur Verfügung stehen".
Frage 3:
Festzustellen, dass die Rechtsmittelbelehrung für Einlegung der Beschwerde unter Hinweis auf Artikel 108 EPÜ nicht ausreihend ist, wenn lediglich darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerde erst als eingelegt gilt, wenn wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist, ohne weiteren Hinweis darauf, dass eine Entrichtung der Beschwerdegebühr nicht ausreichend ist, wenn der Abbuchungsauftrag für die Beschwerdegebühr in Papierform eingereicht wird.
Frage 4:
Festzustellen, dass die Notwendigkeit einer Internetverbindung zur Bezahlung der amtlichen Gebühren außerhalb der Geschäftszeiten der Banken eine unzulässige Fristverkürzung der im EPÜ normierten Frist zur Einlegung einer Beschwerde darstellt, die nur durch den Verwaltungsrat mit einer 2/3-Mehrheit beschlossen werden kann, mit der Folge, dass zur Ausschöpfung der vollen Fristen die Einreichung von Amtsgebühren auch am letzten Tag einer Frist bis Mitternacht in Papierform möglich sein muss.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Feststellung, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, hilfsweise einen neuen Termin zur mündliche Verhandlung anzuberaumen, falls die Beschwerde als eingelegt angesehen werden sollte.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag ist zulässig.
Die Kammer hält an ihrer bereits in der Mitteilung vom 18. April 2018 zum Ausdruck gebrachten Auffassung fest, wonach das Schreiben des Amtes vom 8. März 2018 als Mitteilung über den Verlust des Beschwerderechts im Sinne von Regel 112(1) EPÜ und der Antrag der Beschwerdeführerin vom 16. März 2018 als ein solcher nach Regel 112(2) EPÜ anzusehen ist.
2. Der Antrag auf Feststellung der fristgerechten Zahlung der Beschwerdegebühr war zurückzuweisen.
2.1 Dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) auf Feststellung, dass die von ihr eingelegte Beschwerde zulässig ist, kann auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018 nicht stattgegeben werden. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung erfolgte ausweislich der Mitteilung der Kammer gemäß Regel 100(2) EPÜ ausdrücklich nur zum Zwecke der Erörterung der Frage, ob dem Antrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) auf Feststellung der fristgerechten Zahlung der Beschwerdegebühr stattgegeben werden kann. Die Frage, ob ihre Beschwerde auch zulässig ist, geht darüber hinaus.
2.2 Der Antrag auf Feststellung der fristwahrenden Zahlung der Beschwerdegebühr - der dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) entspricht - ist unbegründet.
2.3 Nach Artikel 108 Satz 2 EPÜ gilt eine Beschwerde erst dann als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
2.4 Das Amt hat den vor Ablauf der Beschwerdefrist in Papierform auf dem EPA-Formblatt 1010 eingereichten Auftrag zur Abbuchung der Beschwerdegebühr unter Hinweis auf die seit 1. Dezember 2017 geänderte Rechtslage - Unwirksamkeit des Formulars 1010 - nicht ausgeführt. Eine Umbuchung vom Konto der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) auf ein Konto des Amtes hat daher nicht stattgefunden.
2.5 Die Beschwerdegebühr könnte deshalb allenfalls dann als gezahlt angesehen werden, wenn sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende) mit Erfolg darauf berufen könnte, sie habe in einem aktuellen Internet-Auftritt des Amtes noch nach Inkrafttreten der Änderung einen eindeutigen Hinweis auf die Möglichkeit der Zahlung der Beschwerdegebühren mittels des Formulars EPA-Form 1010 gefunden, auf die Richtigkeit dieses Hinweises vertrauen durfte und auch tatsächlich darauf vertraut hat. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.
2.5.1 Bei dem von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) vorgelegen Internetauftritt handelt es sich - wie sie in ihrem Schriftsatz vom 1. Juni 2018 im einzelnen dargelegt hat - um Treffer einer Google-Recherche mit dem Suchwort "Formblatt 1010". Diese Recherche hat sie zu einer pdf-Ausgabe der auch in gedruckter Form herausgegebenen Broschüre "Leitfaden für Anmelder: PCT-Verfahren vor dem EPA - Euro-PCT-Leitfaden)" geführt. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass eine solche Broschüre nicht notwendigerweise auf dem aktuellen Stand ist. Dies war auch für die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ohne Weiteres erkennbar.
Dass die Beschwerdeführerin (Einsprechende) eine (weitere) Recherche unmittelbar auf der Internetseite des Amtes vorgenommen hat, konnte sie nicht vortragen. Ihre Annahme, die Zahlung der Gebühr mittels des Formulars 1010 sei nach wie vor zulässig, beruht daher schon aus diesem Grund auf einer nicht zuverlässigen Grundlage.
2.5.2 Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat außerdem vorgetragen, sie habe natürlich Kenntnis von der geänderten Rechtslage gehabt. Auch aus diesem Grund hätte sie auf das Ergebnis ihrer Google-Recherche nicht vertrauen dürfen.
Dies gilt umso mehr als sich im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Kammer herausgestellt hat, dass sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende) nicht erst am Tag des Fristablaufs - also dem 28. Februar 2018 - für die Benutzung des Formblattes 1010 entschieden hat, sondern bereits zwei Tage zuvor. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat dazu vorgetragen, ihr Vertreter, der in München wohnt, habe die Beschwerde und das Formblatt 1010 am Abend des 26. Februar von seiner Kanzlei in Rosenheim zu seinem Wohnort in München mitgenommen und am Folgetag, dem 27. Februar, beim Pförtner des EPA-Gebäudes abgegeben.
Selbst wenn das Internet - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - am Abend des 26. Februar nicht funktioniert haben sollte, was zu ihren Gunsten angenommen werden soll, hätte also noch genügend Zeit zur Verfügung gestanden, um einen der anderen zweifelsfrei nach wie vor zulässigen Zahlungswege wie etwa den der Banküberweisung oder den der Zahlung per Kreditkarte zu beschreiten. Dass dazu am 27. oder 28. Februar keine Möglichkeit mehr bestanden hat, hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum es dem Vertreter der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) nicht möglich gewesen sein soll, die von ihr dargelegten Hindernisse bei der Nutzung dieser Zahlungsmethoden zu beseitigen. Auch hätte die Möglichkeit bestanden, sich beim Amt am 27. oder 28. Februar zu vergewissern, auf welchem Weg die Beschwerdegebühr nun gezahlt werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin (Einsprechende) nicht vorgetragen hat, die Störung des Internets habe vom Abend des 26. bis zum Fristablauf am 28. Februar fortbestanden.
2.5.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende) nicht auf die nach ihrem Vortrag widersprüchlichen Aussagen zu den zulässigen Wegen der Zahlung der Beschwerdegebühr berufen kann, weil diese Annahme auf einer unsicheren Grundlage beruht. Außerdem war ihr Vertrauen auf die Möglichkeit nach wie vor mittels des Abbuchungsauftrags auf dem Formblatt 1010 zahlen zu können, auch deshalb nicht schutzwürdig, weil sie nach eigener Angabe Kenntnis von der Rechtsänderung hatte und somit auch die (scheinbare) Widersprüchlichkeit des Internet-Auftritts des Amtes erkannt hat. Dabei hatte sie noch genügend Zeit, entweder einen sicheren Zahlungsweg zu wählen oder sich beim Amt noch einmal über die möglichen Zahlungsarten zu vergewissern.
2.6 Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht auf die Unzulässigkeit der Rechtsänderung berufen. Insbesondere war der Präsident des Amtes berechtigt, die Modalitäten der Zahlung der Abbuchungsaufträge wie geschehen zu verändern. Einer Entscheidung des Verwaltungsrates bedurfte es - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) - dazu nicht.
2.6.1 Die Art und Weise, in der Gebühren an das Europäische Patentamt entrichtet werden können, ist in Artikel 5 der Gebührenordnung geregelt. Nach Absatz (1) dieser Vorschrift gilt, dass die an das Amt zu zahlenden Gebühren durch Einzahlung oder Überweisung auf ein Bankkonto des Amtes in Euro zu entrichten sind. Absatz (2) regelt darüber hinaus, dass der Präsident des Amtes die Entrichtung von Gebühren auf andere Art als in Absatz 1 vorgesehen zulassen kann. Es existieren somit die durch die Absatz 1 zwingend vorgegebene Einzahlungsmöglichkeiten und solche, die durch eine Entscheidung des Präsidenten des Amtes nach Absatz 2 zusätzlich eröffnet werden können.
Innerhalb dieses Systems stellt sich die Möglichkeit zur Einreichung der Beschwerdegebühr mittels eines Abbuchungsauftrags als zusätzliche, vom EPÜ nicht zwingend geforderte Zahlungsart dar. Aus dieser Feststellung folgt ohne Weiteres, dass ein solcher vom Präsidenten des Amtes zusätzlich eröffneter Zahlungsweg durch eine Entscheidung des Präsidenten des Amtes auch wieder geschlossen oder - wie im vorliegenden Fall geschehen - in der Weise modifiziert werden kann, dass nur noch in einer bestimmten Form übermittelte Abbuchungsaufträge anerkannt werden.
2.6.2 Eine Entscheidung des Verwaltungsrates war für die diese Änderung auch nicht deshalb erforderlich, weil die Beschränkung der Erteilung des Abbuchungsauftrags im XML-Format zu einer faktischen Verkürzung der Fristen führte. Denn ungeachtet der Frage, ob durch die Eröffnung der Möglichkeit, die Gebühr mittels eines grundsätzlich rund um die Uhr möglichen web-basierten Abbuchungsauftrags zu zahlen, eine faktische Verkürzung der Fristen überhaupt eintritt, waren und sind "systembedingte Fristverkürzungen", also solche Zeiten, die vom Gebührenzahlern sicherheitshalber einzuplanen sind, jeder Zahlungsmethode immanent. Dies gilt insbesondere für die beiden obligatorischen Zahlungswege der Banküberweisung und der Direkteinzahlung nach Artikel 5 Abs. 1 Gebührenordnung, die an die Öffnungs- und Arbeitszeiten der Banken gebunden sind. Dasselbe gilt aber auch für die Übergabe eines Abbuchungsauftrags in Papierform beim Pförtner eines EPA-Dienstgebäudes vor 24:00 h des letzten Tages der Frist, die nach Auffassung der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) stets möglich sein soll. Denn auch insoweit ist Voraussetzung, dass die Pforte tatsächlich auch rund um die Uhr besetzt ist - wozu das Amt nicht verpflichtet werden kann - und der Einzahler seine Fahrt oder Reise zum EPA-Dienstgebäude rechtzeitig antritt und sich diese nicht aus unvorhergesehenen Gründen verzögert.
3. Der Kammer ist an der Feststellung, dass die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht gezahlt wurde, durch das nunmehr vor der Großen Beschwerdekammer anhängige Verfahren G 1/18 nicht gehindert.
3.1 Gegenstand dieses Verfahrens ist eine Vorlage des Präsidenten des Europäischen Patentamts. Sie hat die in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern nicht einheitlich behandelte Problematik zum Gegenstand, ob eine Beschwerde im Falle der nicht fristgerechten Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht eingelegt anzusehen ist, so dass eine verspätet gezahlte Beschwerdegebühr zurückzuerstatten ist (so beispielsweise die Entscheidung T 1325/15 vom 7. Juni 2015), oder ob die Beschwerde in einem solchen Fall als nicht zulässig anzusehen ist, was zur Folge hat, dass eine verspätet eingezahlte Gebühr nicht zurückzuzahlen ist (so die Entscheidung T 1897/17 vom 14. Februar 2018).
3.2 Auf diese Problematik kommt es für die vorliegende Zwischenentscheidung jedoch nicht an. Denn die hier zu treffende Feststellung, dass die Gebühr für die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) als nicht gezahlt gilt, kann unabhängig von der daran anknüpfenden weiteren Frage entschieden werden, ob aus der nicht fristgerechten Zahlung der Gebühr die Nichteinlegung der Beschwerde oder deren Unzulässigkeit folgt. Diese Frage bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Diese Entscheidung wird die Kammer erst treffen, nachdem die Grosse Beschwerdekammer die Vorlagefragen in dem Verfahren G 1/18 beantwortet hat.
4. Der Antrag auf Vorlage der Sache an die Grosse Beschwerdekammer zur Beantwortung der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) vorgelegten Fragen war zurückzuweisen. Einer Beantwortung der gestellten Fragen durch die Grosse Beschwerdekammer bedarf es nicht, weil es sich bei keiner dieser Fragen um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung handelt, Art. 112 (1) EPÜ.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist anzunehmen, wenn diese für eine bedeutende Anzahl von gleichgelagerten Fällen relevant ist und deshalb nicht nur für die Parteien im vorliegenden Beschwerdeverfahren, sondern auch für die Allgemeinheit von Interesse ist (T 1242/04 vom 20. Oktober 2006, ABl. 2007, 421, Ziffer 10.3, m.w.Nachw.).
Allerdings kommt eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern trotz einer möglichen Relevanz für eine Vielzahl von Fällen, dann nicht in Betracht, wenn sich die Antwort auf diese Frage zweifelsfrei aus dem Europäischen Patentabkommen ergibt (grundlegend: J 5/81 vom 9. Dezember 1981, ABl. 1982, 155 Ziffer 12, bestätigt durch: G 1/12 vom 30. April 2014, Ziffer 10).
4.1 Erste Vorlagefrage
Mit der ersten Frage möchte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wissen, ob die - von ihr vertretene - Auffassung zutrifft, dass das Amt in jedem Fall einen im Papierform erteilten Abbuchungsauftrag akzeptieren muss.
Dieser Ansicht ist nach Überzeugung der Kammer bereits deshalb nicht zu folgen, weil Artikel 5 Absatz (2) der Gebührenordnung dem Präsidenten des Amtes ausdrücklich das Recht einräumt, zusätzlich zu den in Absatz (1) dieser Vorschrift genannten Zahlungsmethoden, weitere Methoden zu eröffnen - sowie im Umkehrschluss auch wieder aufzuheben oder zu modifizieren - und sich die Zahlung per Abbuchungsauftrag nach dem oben unter Ziffer 2.6.1 Gesagten eine als eine solche zusätzlich eröffnete Zahlungsmethode darstellt.
Dies ergibt sich auch unmittelbar aus der Gebührenordnung, so dass die Befassung der Großen Beschwerdekammer mit dieser Frage nicht in Betracht kommt.
4.2 Vierte Vorlagefrage
Aus denselben Gründen ist die Große Beschwerdekammer auch mit der vierten Vorlagefrage nicht zu befassen: Da es sich bei der Möglichkeit der Gebührenzahlung durch Einreichung des Formblatts EPA Form 1010 um eine freiwillig geschaffene zusätzliche Zahlungsmethode handelte, konnte diese auch wie geschehen abgeändert werden.
Dem steht das Argument der Beschwerdeführerin (Einsprechenden), die Neuregelung bewirke eine faktische Verkürzung der im EPÜ geregelten Fristen, die nur der Verwaltungsrat hätte vornehmen dürfen, aus den oben unter Ziffer 2.6.2 im Einzelnen dargelegten Gründen nicht entgegen.
4.3 Zweite Vorlagefrage
Die zweite Vorlagefrage betrifft die Frage, ob das Amt dadurch einen Vertrauenstatbestand begründet hat, dass es das Formblatt EPA Form 1010 noch nach der Rechtsänderung am 1. Dezember 2017 auf seiner Web-Site zum Herunterladen bereitgehalten hat. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) sieht darin einen Widerspruch zu der Erklärung des Präsidenten des Amtes vom 27. September 2017, wonach dieses Formblatt nach der Rechtsänderung nicht mehr abrufbar sein sollte.
Auch dieser Frage fehlt die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von Artikel 112 (1) EPÜ. Denn die Begründung eines Vertrauenstatbestandes ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig und kann nicht in abstrakt-genereller Form in einer Weise definiert werden, die nicht nur in einem Einzelfall, sondern für die Allgemeinheit von Bedeutung ist.
Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin (Einsprechende) im konkreten Fall - wie unter 2. im Einzelnen dargelegt - angesichts der Tatsache, dass sie sich der Rechtsänderung bewusst war und gleichwohl für die Zahlungsmethode mittels des nicht mehr gültigen Formblattes entschieden hat, obwohl sie ausreichend Zeit dazu gehabt hatte, eine andere zulässige Zahlungsmethode zu wählen, auf Vertrauensschutz nicht berufen kann. Die zweite Vorlagefrage ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits also auch nicht relevant.
4.4 Die dritte Vorlagefrage
Mit der dritten Vorlagefrage möchte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) geklärt wissen, ob die ihr erteilte Rechtsmittelbelehrung für Einlegung der Beschwerde unter Hinweis auf Artikel 108 EPÜ ausreihend ist, obwohl dort nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Einreichung der Beschwerdegebühr mittels Erteilung eines Abbuchungsauftrags in Papierform nicht (mehr) ausreicht.
Insoweit gilt wiederum, dass es auf diese Frage für die Entscheidung in dem vorliegenden Fall nicht ankommt, weil die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die geänderte Rechtslage kannte.
Im Übrigen enthält die der angegriffenen Entscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung in ihrem letzten Absatz den Hinweis, dass weitere Informationen zu den Gebühren unter www.epo/fees zu finden sind. Diesen Hinweis hält die Kammer für ausreichend. Dass die Beschwerdeführerin (Einsprechende) diesem Link gefolgt ist und dort falsche oder widersprüchliche Informationen über Zahlungsmöglichkeiten erhalten hat, hat sie nicht vorgetragen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerdegebühr gilt als nicht fristgerecht eingezahlt.
2. Der Antrag auf Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.

This decision T 0590/18 (pdf) has European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T059018.20180704.  The file wrapper can be found here

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