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T 1688/12 - Copyright notice and internet publication date


The present case relates to an opposition appeal by both parties against an interlocutory decision of the Opposition division. During the opposition, a document D1a was introduced into the proceedings, by the OD, which document destroyed the novelty of claim 1. D1a was a product data sheet bearing a copyright notice dated 05/2006. The document also mentioned that data sheet could be downloaded from the relevant company's website. In appeal, the main request of the proprietor was whether the D1a document was Art. 54(2) prior art against the patent in suit, filed in March 2008. The fact that the document would be novelty-destroying was not contested.

The patent proprietor argued that copyright notice date was not sufficient by itself to demonstrate that D1a had indeed been published before the patent filing date. The Board held that it was obvious that the product data sheet was intended for publication on the Internet, and that the question of whether publication actually took place before the filing date should be clarified in accordance with the principle of "free assessment of evidence". The fact that the copyright notice is dated 22 months earlier serves a first indication of a prior publication of D1a. The Board further held that it may, in principle, be presumed on the basis of normal commercial practice that publication has taken place shortly after the date of the copyright notice, unless there is an indication to the contrary.

The proprietor's main request was therefore denied. The final outcome of the appeal was that the interlocutory decision of the Opposition Division was upheld.






Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, wonach unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 2 099 048 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Grundlage für diese Entscheidung war der während der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2012 eingereichte Hilfsantrag 2.
II. In der Entscheidung wurden folgende Bezugszeichen für die zitierten Dokumente verwendet:
D1: Datenblatt zum Produkt "INTERFACE" der Firma Phoenix Contact GmbH & Co. KG, mit dem Titel:
"PSR-SCP-24DC/URM4/4X1/2X2/B
PSR-SPP-24DC/URM4/4X1/2X2/B
Sicherheits-Relais als Kontakterweiterungsblock",
mit der Referenznummer 102856_00_de und mit dem Urheberrechtsvermerk: © PHOENIX CONTACT - 11/2005
D1a: Datenblatt zum Produkt "INTERFACE" der Firma Phoenix Contact GmbH & Co. KG, mit dem gleichen Titel wie Dokument D1,
mit der Referenznummer 102856_01_de und mit dem Urheberrechtsvermerk: © PHOENIX CONTACT - 05/2006
D2: Snapshot aus der Webseite "http://web.archive.org/web/20060826064239/http://www.phoenixcontact.de/produkte/2953_5493.htm"
D3: Affidavit von Paul Forrest Hickmann, Geschäftsführer von "Internet Archive"
D4: Snapshot aus der Webseite von D2, mit dem Vermerk:
"Ausdruck vom: Dienstag, 13. März 2012 14:17:04"
D5: Snapshot aus der Webseite von D2, mit dem Vermerk:
"Ausdruck vom: Montag, 25. Juni 2012 10:13:07".
Dokument D1 wurde mit der Einspruchsbegründung eingereicht. Dokumente D1a, D2 und D3 wurden von der Einspruchsabteilung eingeführt. Dokumente D4 und D5 wurden während der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung von der Patentinhaberin eingeführt.
Dem damaligen Hauptantrag der Patentinhaberin (den Einspruch als unzulässig zu verwerfen) gab die Einspruchsabteilung nicht statt. Die Einspruchsabteilung war der Meinung, angesichts der Natur von Dokumenten wie D1, die per se dazu gedacht sind, veröffentlicht zu werden, dass die Argumente und Angaben der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz ausreichten, die Erfordernisse der Regel 76 (2) c) EPÜ zu erfüllen (siehe Entscheidungsgründe I.c.ii).
Die Einspruchsabteilung gelangte zu der Auffassung, dass Dokument D1a, und deswegen mindestens inhaltlich auch Dokument D1, zum Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ gehörten (siehe Entscheidungsgründe II.a.iii und II.a.iv).
Zum damaligen Hilfsantrag 1 der Patentinhaberin (den Einspruch als unbegründet zurückzuweisen) stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1a nicht neu sei (siehe Entscheidungsgründe III.c).
Zum damaligen Hilfsantrag 2 der Patentinhaberin stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1a neu sei (siehe Entscheidungsgründe IV.a.iv) und, dass Ansprüche 1 und 2, sowie die abhängigen Ansprüche 3 bis 6 den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ entsprachen (siehe Entscheidungsgründe IV.b.iv).
III. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 2. Oktober 2018 statt.
Die beschwerdeführende Patentinhaberin (im Folgenden Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten ("Hauptantrag der Patentinhaberin"). Zudem beantragte sie, die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die beschwerdeführende Einsprechende (im Folgenden Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen ("Hauptantrag der Einsprechenden"). Zudem beantragte sie, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
VI. Die Argumente der Patentinhaberin können wie folgt zusammengefasst werden:
- Der Einspruch sei nicht zulässig, weil der Substantiierungspflicht nach Regel 76 (2) c) EPÜ nicht nachgekommen worden sei. Die Angaben in der Einspruchsbegründung reichten nicht aus, um die Fragen zu beantworten, wann und unter welchen Umständen das Dokument D1 öffentlich zugänglich gemacht worden sei.
- Der Gegenstand des Patents entspreche den Artikeln 52 bis 57 EPÜ, weil nicht nachgewiesen worden sei, dass das Dokument D1a zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehöre. Die Fragen, "wann" und "unter welchen Umständen" das Dokument öffentlich zugänglich gemacht wurde, seien nicht beantwortet worden. Der Copyright-Vermerk auf Dokument D1a (05/2006) gebe lediglich den Zeitpunkt der Autorentätigkeit wieder und sei kein Nachweis einer Veröffentlichung vor dem Anmeldetag (7. März 2008). Zwischen Erstellung und tatsächlicher Markteinführung könnten viele Jahre vergehen. Für die Beurteilung der Frage, ob das Dokument D1a vor dem Anmeldetag der Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugänglich war, sei es irrelevant, dass es vier Jahre danach, nämlich im März 2012, im Internet abrufbar war. Aus der eingereichten Internetseite (D2) gehe nicht eindeutig hervor, dass das dort beschriebene Produkt den im Datenblatt D1a genannten Produkten entspricht. Zudem zeigten unterschiedliche Ausdrücke dieser Webseite (Dokumente D4 und D5), dass Dokument D2 kein zuverlässiger Beweis für den Inhalt der Webseite am Tag des vermeintlichen Snapshots sei.
- Der Artikel 123 (2) EPÜ sei durch die Streichung des Anspruchs 9 sowie des Absatzes [0021] in den von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Unterlagen nicht verletzt worden.
- Die von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Ansprüche 1 und 2 seien so auszulegen, dass die Kontaktestecker an den Seiten des Gehäuses des Sicherheits-Relais selbst angeordnet sind. Dieses Merkmal sei aus Dokument D1a nicht bekannt. Damit sei die Neuhei
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerden
Die Beschwerden sind zulässig.
2. Zulässigkeit des Einspruchs
2.1 Den Angaben im Einspruchsschriftsatz ist zu entnehmen, wann das Dokument D1 angeblich öffentlich zugänglich gemacht worden sei, nämlich ab November 2005. Zudem ist eine Grundlage für die behaupteten Umstände der Veröffentlichung angegeben, nämlich dass das Dokument D1 von der Einsprechenden als Datenblatt zu ihren entsprechenden Geräten zugänglich gemacht worden sei. In anderen Worten ist das Datenblatt, nach den Ausführungen im Einspruchsschriftsatz für all jene zugänglich gewesen, die sich über die entsprechenden Geräten informieren wollten.
2.2 Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Produktdatenblätter wie Dokument D1 im geschäftlichen Verkehr gerade zur Veröffentlichung bestimmt sind, ist die Kammer der Auffassung, dass das oben genannte Vorbringen als ausreichende "Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel" im Sinne von Regel 76 (2) c) EPÜ angesehen werden kann. Hierbei schließt sich die Kammer der Argumentation unter Punkte I.c.i.1 bis I.c.i.3 und I.c.ii der angefochtenen Entscheidung an und macht sich diese zu eigen. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass die Frage des ausreichend substantiierten Vorbringens nicht mit der Frage zu verwechseln ist, ob dieses Vorbringen aufgrund der angegeben Beweismittel auch als bewiesen angesehen werden kann. Die Ausführungen der Patentinhaberin scheinen diese beiden unterschiedlichen Aspekte, nämlich die Frage des substantiierten Vorbringens und die Frage, ob ein ausreichender Beweis erbracht wurde, nicht hinreichend zu unterscheiden.
2.3 Die Kammer ist aus diesen Gründen zu dem Schluss gekommen, dass der Einspruch zulässig ist.
3. Hauptantrag der Patentinhaberin
3.1 Die Beschwerde der Patentinhaberin hinsichtlich des Hauptantrags beschränkte sich auf die Frage, ob das Dokument D1a zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehört. Für den Fall, dass die Beschwerdekammer die Zugehörigkeit zum Stand der Technik bejaht, bestreitet die Patentinhaberin nicht das Ergebnis des Einspruchsverfahrens, d.h. die fehlende Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem Dokument D1a.
3.2 Dokument D1a ist ein Datenblatt für Produkte der Firma Phoenix Contact GmbH & Co KG mit dem Namen "INTERFACE" - Sicherheitsrelais, die als Kontakterweiterungsblock dienen können (siehe Titel und Beschreibung). Dokument D1a trägt einen Copyright-Vermerk mit dem Datum 05/2006. Zudem wird auf der ersten Seite darauf hingewiesen, dass eine aktuelle Dokumentation unter der Adresse www.download.phoenixcontact.de zum Download bereit steht (siehe zweites Kästchen).
3.3 Aufgrund des Download-Hinweises sowie der Art der angegeben Daten (Bestelldaten, technische Daten usw.) ist es nach Ansicht der Kammer offensichtlich, dass dieses Produktdatenblatt zur Veröffentlichung im Internet vorgesehen ist. Es verbleibt jedoch die Frage, ob eine Veröffentlichung vor dem Anmeldetag der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung (7. März 2008) stattfand. Diese Frage ist unter Bewertung der vorliegenden Beweismittel gemäß dem Grundsatz der "freien Beweiswürdigung" zu klären (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, I.C.3.5.2 Maßstab bei der Beweiswürdigung, Teil c Internet - Nachweis des Datums der Bereitstellung).
3.4 Der Umstand, dass das Datum des Copyright-Vermerks von D1a 22 Monate vor dem Anmeldetag liegt, dient als erstes Indiz für eine Vorveröffentlichung des Dokuments D1a. Die Kammer teilt die Ansicht der Einsprechenden, dass bei einem Produktdatenblatt wie D1a aufgrund der der Usancen im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Veröffentlichung jedenfalls kurz nach dem Datum des Copyright-Vermerks erfolgt ist.
3.5 Zudem stützt das Dokument D2 die behauptete Vorveröffentlichung der D1a. Dieser ausgedruckte Screenshot aus dem web.archive.org zeigt eine archivierte Kopie ("capture") der Internet-Seite der Firma Phoenix Contact vom 26. August 2006, der zu entnehmen ist, dass im Jahre 2006 Sicherheitsrelais mit dem Namen "INTERFACE" tatsächlich auf dem Markt angepriesen wurden. Im Dokument D2 heißt es, dass das Sicherheitsrelais-System "durch zusätzliche Schaltkontakte einfach modular via Tragschienen-Connector erweitert werden" kann. Genauso ist es beim System gemäß Dokument D1a - siehe Seite 6, "Anschlusshinweise": dritter Strich im Hinweiskästchen sowie im Absatz darunter und nach dem Bild 3. Zudem sehen die im Dokument D2 abgebildeten Sicherheitsmodule und Tragschienen-Connectoren genauso aus, wie die in den Bildern 1 und 3 von Dokument D1a abgebildeten Sicherheitsmodule und Tragschienen-Connectoren. Nachdem die wesentlichen Merkmale der in den Dokumenten D1a und D2 beschriebenen Produkte übereinstimmen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um das gleiche Produkt handelt. Zudem kann nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass das Produktdatenblatt (D1a) zeitgleich mit dem Bewerben dieses Produktes über die Internetseite im Jahre 2006 zum Herunterladen der interessierten Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt wurde.
3.6 Die Beweiskraft des Dokuments D2 wird zudem durch die Dokumente D4 und D5 nicht geschwächt. Es handelt sich hierbei zwar um "Screenshots" der gleichen Internetseite, die zwar in Details von der D1a abweichen, jedoch ebenfalls die oben erwähnte Textpassage und dasselbe Bild beinhalten.
3.7 Aus den oben erwähnten Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass das Dokument D1a im Jahre 2006, d.h. vor dem Anmeldetag der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung, der Öffentlichkeit zugänglich war und daher zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehört.
3.8 Da lediglich die öffentliche Zugänglichkeit des Dokuments D1a nicht jedoch die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung über die Frage der Neuheit von der Patentinhaberin bestritten wurde, sieht die Beschwerdekammer keinen Grund in dieser Hinsicht von der Entscheidung der Einspruchsabteilung abzuweichen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ist daher gegenüber dem Dokument D1a nicht neu.
3.9 Dem Hauptantrag der Patentinhaberin konnte somit nicht stattgegeben werden.
4. Hauptantrag der Einsprechenden
4.1 Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ
4.1.1 Der Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ gegen den von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Anspruch 1 stützt sich auf das Argument, dass der ursprüngliche Anspruch 9 nur so auszulegen ist, dass die Kontaktestecker integraler Bestandteil einer Backplane-Verbindung zwischen benachbarten Modulen ist, sowie auf die Prämisse, dass der ursprünglicher Anspruch 7 nur so ausgelegt werden darf, dass er nicht in Widerspruch dazu steht. Absatz [0021] des Streitpatents, wird als Grundlage für diese Auslegung genannt. Dieser Absatz lautet wie folgt:
"Bei bekannten Modulreihen besteht häufig bereits eine mechanische und elektrische Verbindung zwischen den einzelnen Modulen durch die typische Realisierung eines so genannten "backplane" mittels Stecker/Buchse zwischen den einzelnen Modulen. Deshalb ist es vorteilhaft, wenn der Kontaktestecker integraler Bestandteil einer solchen elektrischen Steckverbindungen zwischen benachbarten Modulen ist."
4.1.2 Der ursprünglicher Anspruch 9 legt lediglich fest, dass "der Kontaktestecker integraler Bestandteil einer elektrischen Steckverbindung[[deleted: en]] zwischen benachbarten Modulen ist." Er lässt dabei völlig offen, wo die elektrische Steckverbindung angeordnet ist. Somit können verschiedene Anordnungen von Steckverbindungen unter den ursprünglichen Anspruch 9 fallen, wie beispielsweise:
a) seitlich an dem die Sicherheits-Relais enthaltenden Gehäuse des Relaismoduls (vgl. ursprüngliche Ansprüche 6 und 7); oder
b) frontseitig, oberseitig, unterseitig oder rückseitig angeordnete an dem die Sicherheits-Relais enthaltenden Gehäuse (vgl. ursprünglicher Anspruch 8); oder
c) in einem sogenannten "backplane", wie im Absatz [0021] der ursprüngliche Beschreibung offenbart, d.h. in einer hinter dem Relaismodul liegenden Ebene.
4.1.3 Der ursprüngliche Anspruch 9 bezieht sich auf ein Sicherheit-Relaismodul "nach einem der vorhergehenden Ansprüche".
Bei einer Kombination des Anspruchs 9 mit einem der Ansprüche 1 bis 5 wären alle unter Anspruch 9 fallenden Anordnungsvarianten a) bis c) noch möglich. Die Steckverbindung könnte seitlich, oder frontseitig, oder oberseitig (usw.) am Gehäuse des Relaismoduls, oder in einem "backplane" angeordnet sein.
Bei einer Kombination des Anspruchs 9 mit Anspruch 6 oder 7 wäre dem Fachmann jedoch klar, dass die Anordnungsvarianten b) und c) nicht damit kompatibel seien. Eine Steckverbindung, die seitlich an dem die Sicherheits-Relais enthaltenden Gehäuse des Relaismoduls angeordnet ist, kann selbstverständlich nicht auch frontseitig, bzw. oberseitig (usw.) am Gehäuse des Relaismoduls angeordnet sein, oder in einem dahinterliegenden "backplane" angeordnet sein. Wenn beurteilt wird, was durch Anspruch 9 offenbart ist, wenn er von Anspruch 6 oder 7 abhängt, müssen diese nicht kompatible Kombinationen von Merkmalen als nicht offenbart betrachtet werden.
4.1.4 Die Prämisse, dass der ursprüngliche Anspruch 7 so auszulegen ist, dass er nicht in Widerspruch zum Anspruch 9 steht, ist neben der Sache. Anspruch 9 legt nicht fest, dass die Steckverbindung in einem "backplane" angeordnet ist. Das ist lediglich eine von mehreren Möglichkeiten, die gegebenenfalls unter den Wortlaut des Anspruchs 9 an sich fallen würden. Eine Kombination der ursprünglichen Ansprüche 7 und 9 erfordert daher nicht, dass das Merkmal des Sicherheits-Relais enthaltenden Gehäuses des Sicherheits-Relaismodul (vgl. unabhängige Ansprüche 1 und 2) so breit ausgelegt wird, dass es das Gehäuse einer Steckverbindung im "backplane" hinter dem Relaismodul umfasst.
4.1.5 Das Argument der Einsprechenden, wonach die Streichung des ursprünglichen Anspruchs 9 sowie des Absatzes [0021] diese vermeintlich breitere Auslegung ausschließt, trifft daher nicht zu. Diese breitere Auslegung ist nicht erforderlich. Der bloße Umstand, dass ein abhängiger Anspruch eine Vielzahl möglicher aber nicht näher bestimmter Ausführungsformen umfasst, bedeutet nämlich nicht, dass jener Anspruch (bzw. jene Ansprüche) von dem (denen) er abhängt, so zu interpretieren ist (sind), dass er (sie) mit all jenen nicht näher spezifizierten möglichen Ausführungsformen des abhängigen Anspruchs vereinbar ist (sind).
4.1.6 Auch das weitere Argument der Einsprechenden trifft nicht zu, wonach die "engere" Auslegung des Anspruchs 7, bei der die Kontaktestecker an beiden Seiten des Gehäuses des Relaismoduls selbst angeordnet sind, ursprünglich nicht offenbart sei. Diese Anordnung ist nämlich ganz eindeutig im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 und Absatz [0029] der Beschreibung offenbart.
4.1.7 Die Kammer ist deshalb zu dem Schluss gekommen, dass der Artikel 123 (2) EPÜ durch die Streichung des Anspruchs 9 sowie des Absatzes [0021] nicht verletzt wird.
4.2 Artikel 54 EPÜ
Der von den Einsprechenden erhobene Einwand mangelnder Neuheit der von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Ansprüche 1 und 2 stützt sich auf die Auslegung, wonach die Kontaktestecker nicht am Gehäuse des Sicherheits-Relais selbst angeordnet sind, sondern an einer an dem Gehäuse nur angesteckten Einrichtung, nämlich dem "backplane"-Connector. Wie oben ausgeführt, folgt die Kammer einer solchen Auslegung jedoch nicht. Vielmehr sind die von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Ansprüche 1 und 2 so auszulegen, dass die Kontaktestecker an den Seiten des Gehäuses des Sicherheits-Relais selbst angeordnet sind. Dieses Merkmal ist aus dem Dokument D1a nicht bekannt. Somit sind die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ erfüllt.
4.3 Artikel 56 EPÜ
4.3.1 Für den Fall, dass ein Unterschied zwischen dem Gegenstand des von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Anspruchs 1 und dem in Dokument D1a beschriebenen Gegenstand darin bestehen sollte, dass der Connector T-BUS einstückig mit dem Gehäuse des Moduls ausgeführt ist, trug die Einsprechende vor, dass damit die Aufgabe gelöst werde, den Connector T-BUS relativ zum Modulgehäuse unverlierbar zu machen. Es sei eine Standardüberlegung des Fachmanns gegen das Verlieren eines Systembestandteils, diesen mit der Hauptkomponente zu verbinden. Damit liege es auf der Hand, den T-BUS Connector einstückig mit dem Modulgehäuse auszuführen, mit dem Ergebnis, dass die Kontaktestecker an den Seiten des Modulgehäuses angeordnet wären.
4.3.2 Die Patentinhaberin verwies in dieser Hinsicht auf die diesbezüglichen Ausführungen der Einspruchsabteilung unter Punkt IV der Entscheidungsgründe.
4.3.3 Die Kammer hält insbesondere die Ausführungen der Einspruchsabteilung im letzten Absatz unter Punkt IV.b.iii der Entscheidung für stichhaltig. Es ist ein wesentliches Merkmal des Relaismoduls von Dokument D1a, dass die Module über den Tragschienen-Connector T-BUS miteinander verbunden werden können, um das System modular aufzubauen. Ohne einen guten Grund wäre es nicht naheliegend, die Verbindungsmöglichkeit über den Tragschienen-Connector T-BUS durch eine direkte seitliche Verbindung der Relaismodule zu ersetzen.
4.3.4 Hinzu kommt Folgendes: Mit der im Dokument D1a offenbarten Anordnung von seitlich zusammensteckbaren Tragschienen-Connectoren T-BUS und Relaismodulen, die frontal darauf gesteckt werden, kann ein Relaismodul, zwischen benachbarten Relaismodulen, frontal auf die Tragschiene aufgesetzt werden (vgl. Bild 3D) und die Verbindung über den Tragschienen-Connector T-BUS gleichzeitig hergestellt werden. Wäre der T-BUS Connector einstückig mit dem Gehäuse des Relaismoduls ausgeführt, dann wäre es aufgrund seiner seitlichen Steckkontakte nicht mehr möglich, das Relaismodul zwischen benachbarten Relaismodulen frontal auf die Schiene aufzusetzen (bzw. abzunehmen). Aus diesem Grund würde der Fachmann davon abgehalten werden, den T-BUS Connector einstückig mit dem Gehäuse des Relaismoduls auszuführen.
4.3.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
4.4 Schlussfolgerung
Keine der erhobenen Einwände steht der Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung entgegen. Dem Hauptantrag der Einsprechenden konnte somit nicht stattgegeben werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden werden zurückgewiesen.
This decision T 1688/12 (pdf) has European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T168812.20181002. The file wrapper can be found here.  Photo by TheAngryTeddy obtained via Pixabay under CC0 license (no changes made).

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