T 1631/17 - Not-explicit claim features cause exception to patentability
The invention relates to a method of making dental prostheses using settable dental prosthetic material. The method is more efficient than existing methods since an impression is used of a human denture in which missing tooth substance is supplemented.
Although not claimed, typically one would first provisionally repair the teeth and take an impression of the "finished" denture. In this way the desired external shape of the denture can be designed directly by the dentist on the patient and the production of the denture parts by the dental technician can be simplified considerably.
Even if not explicit, the Board considers that the claim still encompasses a surgical step, and so is excluded from patentability.
The decision is in German. Below an machine translation of part of the decision is given, and below that a more extensive selection of the original German.
Entscheidungsgründe
1. Explizite Verfahrensschritte
Es ist unbestritten, dass der Wortlaut von Anspruch 1 keinen expliziten Verfahrensschritt beinhaltet, der im Sinne von Artikel 53(c) EPÜ als chirurgisch anzusehen wäre.
2. Implizite Verfahrensschritte
2.1 Es ist nicht notwendig, dass ein Anspruch explizit einen chirurgischen Verfahrensschritt aufweist, damit er von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist. Hierfür genügt es, dass das beanspruchte Verfahren einen solchen Schritt umfasst (siehe G 1/07, Gründe 4.1 - 4.3).
Die Große Beschwerdekammer führte unter Punkt 4.3.1 folgendes aus:
"Nach Artikel 84 EPÜ in Verbindung mit Regel 43 EPÜ müssen die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Das heißt, der Anspruch sollte alle wesentlichen Merkmale ausdrücklich angeben, die zur Definition der Erfindung erforderlich sind. Außerdem muss der Anspruch klar sein (G 1/04, a. a. O., Nr. 6.2 der Entscheidungsgründe). Ob ein Schritt, der einen von der Patentierbarkeit ausgeschlossenen chirurgischen Verfahrensschritt darstellt oder umfasst, durch eine positive Formulierung wie "vorher verabreicht" oder durch einfaches Weglassen aus dem Anspruch ausgeklammert werden kann, hängt nach Artikel 84 EPÜ davon ab, ob die beanspruchte Erfindung auch ohne diesen Schritt durch die übrigen Anspruchsmerkmale vollständig und umfassend beschrieben ist. Dies muss jeweils im Einzelfall entschieden werden."
Zwar stellt Art. 84 EPÜ keinen Einspruchsgrund dar, der einen Widerruf des Patents rechtfertigen könnte. Wenn aber wesentliche Merkmale der Erfindung im Anspruch fehlen, müssen diese bei der Interpretation des Anspruchs im Hinblick auf Artikel 53(c) EPÜ mitgelesen werden. Dabei ist es gleichbedeutend, ob das wesentliche Merkmal von Anfang an nicht im Anspruch enthalten war, oder ob es nachträglich gestrichen wurde.
Es ist deswegen zu klären, ob die beanspruchte Erfindung durch den Wortlaut des Anspruchs 1 vollständig und umfassend definiert wird oder nicht. Dafür ist unter anderem die Beschreibung zu Rate zu ziehen.
2.2 Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Zahnersatzteilen. Ziel der Erfindung ist es, ein Verfahren zu schaffen, mit dem die Herstellung von Zahnersatzteilen wesentlich einfacher ist als bei existierenden Verfahren, die dem Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 entsprechen (siehe die Beschreibung des im Streitpatent als nächstliegender Stand der Technik zitierten Dokuments WO98/35630). Das dort beschriebene Verfahren beinhaltet ein erstes Abformen der Zähne im Originalzustand, das Präparieren der Zähne und ein zweites Abformen der präparierten Zähne sowie die Herstellung des Zahnersatzes mit Hilfe dieser beiden Abformungen.
Gemäß den Absätzen [0008] und [0026]-[0029] der Beschreibung beginnt das erfindungsgemäße Verfahren damit, dass die erste Abformung von einem Gebiss genommen wird, in dem zunächst provisorisch die fehlende Zahnsubstanz ergänzt wurde. Dies entspricht dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs und wird vor der Präparation der Zähne durchgeführt.
Die Zahnsubstanz wird also zuerst (provisorisch) ergänzt, dieses "fertige" Gebiss wird abgeformt und erst danach werden die Zähne für die zweite Abformung präpariert. Dadurch kann die gewünschte äußere Form des Zahnersatzes direkt vom Zahnarzt am Patienten gestaltet und die Herstellung der Zahnersatzteile durch den Zahntechniker wesentlich vereinfacht werden.
Daraus ergibt sich, dass das Ergänzen der fehlenden Zahnsubstanz ein wesentliches Merkmal der Erfindung darstellt. Im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb, weil dieser Schritt genau den Beitrag darstellt, der über den Stand der Technik hinausgeht. Dieser Verfahrensschritt muss daher bei der Auslegung des Anspruchs mitgelesen werden.
Das beanspruchte Verfahren beginnt daher implizit, d.h. nicht ausdrücklich aber zwangsläufig, bereits mit dem Ergänzen der fehlenden Zahnsubstanz.
2.3 Die Präparation der Zähne, die nach der ersten Abformung stattfindet (siehe Absatz [0027] der Beschreibung) liegt damit auch zeitlich und räumlich innerhalb des beanspruchten Verfahrens. Das beanspruchte Verfahren kann nicht durchgeführt werden ohne die unmittelbare Durchführung des Zwischenschrittes der Präparation der Zähne, weil sonst die zweite Abformung nicht erstellt werden könnte. Ohne diesen Verfahrensschritt wäre die Erfindung im Sinne der G 1/07 daher auch nicht vollständig und umfassend beschrieben. Er ist also ebenfalls implizit im beanspruchten Verfahren enthalten.
2.4 Naturgemäß wird die Präparation der Zähne direkt am Patienten durchgeführt und stellt einen chirurgischen Verfahrensschritt dar, weil dabei invasiv und in erheblichem Maße Körpergewebe entfernt wird. Außerdem ist nicht in Frage gestellt worden, dass die Präparation der Zähne einen chirurgischen Schritt darstellt.
2.5 Anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen, kann also das Verfahren nicht ausschließlich im Labor, in Abwesenheit des Patienten stattfinden. Ohne die Herstellung der Abformungen - die am Patienten stattfindet - kann das labortechnische Verfahren nicht durchgeführt werden.
2.6 Folglich umfasst das beanspruchte Verfahren einen chirurgischen Schritt und ist deswegen infolge von Artikel 53 (c) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
3. Zitierte Entscheidungen
Dies steht im Einklang mit den durch die Einspruchsabteilung herangezogenen Entscheidungen T 1005/98, T 923/08, T 429/12 und G 1/07, da im vorliegenden Fall ebenfalls, wenn auch implizit, ein chirurgischer Verfahrensschritt innerhalb des beanspruchten Verfahrens stattfindet.
4. Hilfsanträge
Die angeführten Gründe treffen in identischer Weise auf die Hilfsanträge 1-3 zu, weil die genauere Definition des für das Positivmodell benutzten Materials nicht relevant im Hinblick auf die Beurteilung gemäß Artikel 53(c) EPÜ ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
This decision T 1631/17 (pdf) has European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T163117.20200731. The file wrapper can be found here. Photo by OpenClipart-Vectors obtained via Pixabay under the Pixabay license (no changes made). Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)
The patent should never have been granted as the positive IPER even mentioned that before the first imprint the teeth have to be restored.
ReplyDeleteIt is surprising that this comment did not lead to a warning that at least when entering the regional phase before the EPO, an objection under Art 53,c) is likely to be raised.
As the IPER was positive, the grant was immediate. At least the chairman of the ED should have reacted.
The method looks like it only defines mere technical steps of making imprints, but without the intervention of a dental surgeon, none of the imprints can be made!
Well, I disagree fundamentally.
DeleteIt is broadly accepted that exceptions to patentability should be interpreteted narrowly.
The preceeding action: providing a provisional tooth in preparation of an imprint, may wel be excluded.
But once this is done.... there are no more surgical steps.
I would say that the invention is then very likely not inventive.
IMHO this is clever claims formulation in order to give the applicant protection for his contribution to the art, while at the same time avoiding the surgical issue.
Dear anonymous,
ReplyDeleteYou might disagree fundamentally, but the present decision is not a one off. It follows a long lasting line of case law on this topic.
Clever or not is beside the point. The surgical step on the human body is absolutely necessary and not stating it in the claim does not help.